Rezension von Mona
„Wildblumen im Schnee“ ist der erste fiktive Roman der Autorin Cheryl Strayed, die durch ihren Selbstfindungstrip „Der große Trip“, in dem sie allein die Westküste Amerikas entlang wanderte, zu internationaler Berühmtheit gelangte.
„Wildblumen im Schnee“ ist eine Geschichte, die sie, wie sie im Vorwort erwähnt, etliche Jahre im Kopf hatte und nun einem breiten Publikum präsentiert. Mein Problem mit dieser Aussage in Verbindung mit der Geschichte möchte ich gern im Folgenden erläutern…
Aber worum geht es überhaupt?
Minnesota, Schauplatz einer Familientragödie. Die zweifache Mutter Teresa erkrankt unheilbar an Krebs, was die Familie, die sowieso nur lose besteht, zerrüttet. Doch die 20-jährige Claire setzt alles daran, ein neues Familienband zu ihrem Bruder und ihrem Stiefvater zu knüpfen, die, jeder für sich, an der Aussicht auf den Tod zerbrechen. Eine Geschichte rund um Trauer, Verzweiflung, aber auch Hoffnung in einer scheinbar aussichtslosen Situation.
Sehr zugute halten möchte ich der Autorin ihren Schreibstil, sie konnte mich sehr gut in das trostlose Nest Minneapolis’ versetzen, in dem die Geschichte ihren Lauf nimmt. Sie schreibt zwar nicht sehr blumig oder verschnörkelt, schafft es dennoch, die kalte Atmosphäre einzufangen, die die Lage und das Befinden der Charaktere widerspiegelt.
Außerdem ist die Geschichte frei von Kitsch und Klischees. Sie ist eher durchzogen von Hoffnungslosigkeit, aber auch von einzigartigen Familiengeschichten, die jedes Leben schreibt. Kurz gesagt, die Geschichte ist absolut authentisch!
Und genau hier liegt mein Problem (was sich in meinen eigenen Ohren paradox anhört, da ich normalerweise wahnsinnig viel Wert auf Authentizität lege): „Wildblumen im Schnee“ ist fast 1:1 die Geschichte der Autorin, die sie in „Der große Trip“ verarbeitet hat. Sie hat also ihre eigene Geschichte, die bereits einem sehr breitem Publikum bekannt ist, auf fiktive Charaktere ausgelegt und erzählt im Vorwort, dass es sich hierbei um eine Geschichte handelt, die sie lange im Kopf hatte.
Je weiter die Geschichte voranschritt, desto sprachloser machte mich die Tatsache, dass ich fast jedes Detail bereits kenne und demnach exakt wusste, wie sie verlaufen würde. Für mich war das eine herbe Enttäuschung und es hat mir den Spaß am Leben komplett geraubt. Es wäre ja überhaupt kein Problem, wenn gewisse autobiographische Parallelen zu erkennen wären, aber seine eigene Biographie in Romanform noch mal verkaufen, finde ich wirklich bedenklich.
Deshalb fällt es mir schwer, die Geschichte fair zu bewerten. Ja, sie ist bewegend, das gibt das Thema natürlich her und ja, sie ist auch absolut glaubwürdig. Jemand, der den Selbstfindungstrip der Autorin nicht kennt, wird die Geschichte natürlich komplett anders wahrnehmen und bewerten. Wem „Der große Trip“ aber noch genauso präsent ist wie mir, der sollte sich zu Herzen nehmen, dass er hier keine neue Geschichte bekommt.