Rezension von Julia Jagalski

Im März 2021 erschien der neue Roman von Joël Dicker auf Deutsch und endlich hatte das Warten ein Ende.

In „Das Geheimnis von Zimmer 622“ webt Dicker immer wieder Dinge von sich selbst ein, so beschreibt er beispielsweise, wie der Romanautor Joël Dicker während seiner Ferien den Impuls zu einem neuen Bestseller Roman erhält und diesen dann in einem Hotelzimmer in den Schweizer Alpen verfasst. Auch die Ideen zu einigen seiner Figuren stammen aus Dickers persönlichem Umfeld. Der Piper Verlag veröffentlicht auf seiner Webseite ein Interview mit dem Autor, in welchem er von den Hintergründen zu seinem neuen Roman erzählt.

Auch ist der Roman Dickers verstorbenem Verleger Bernard de Fallois gewidmet und enthält laut Dicker Anekdoten, die sowohl der Schriftsteller Joël Dicker, als auch sein Protagonist, Joël Dicker, mit ihm erlebt haben.

Inhalt

Während der Romanautor Joël Dicker in den schweizer Alpen in einem Hotel die Seele baumeln lassen- und seine Ferien genießen möchte, stößt er auf Scarlett, die das Nebenzimmer bezogen hat und ihn als „den Schriftsteller“ erkennt und ihn zu seinen Ideen für seine Bücher befragt. Die Ideen kämen durch Fragestellungen, sagt er ihr und nimmt als Beispiel die Frage, warum es auf ihrer Hoteletage die Zimmer 621, 621a und 623 gibt, nicht aber die 622. Bald fesselt diese Frage beide und an Urlaub ist nun nicht mehr zu denken, sind sie doch einem Mord auf der Spur, der sich vor Jahren in diesem Zimmer ereignet hat.

Alles fing damals mit der berühmten Bankiersfamilie „Ebezner“ an. Macaire, der einzige Sohn des damaligen Präsidenten der schweizer Privatbank, hofft, nach dem Tod seines Vaters das Amt des Präsidenten bekleiden zu dürfen, wie es seit Generationen innerhalb der Familie Brauch ist. Doch sein Vater hat in seinem Testament verfügt, dass diesmal die Präsidentschaft nicht automatisch an den Erben gehen soll, sondern vom Rat der Bank bestimmt werden soll. Macaire ist sich sicher, dennoch den begehrten Titel zu erhalten, doch als Gerüchte aufkommen, dass sein Kollege Lew Lewowitsch für dieses Amt ausgewählt werden soll, gerät er in Panik und es folgen immer tiefere Verstrickungen, die sich bis zu dem großen Wochenende, an welchem der Rat offiziell den neuen Präsidenten verkünden soll, zuspitzen. Dieses Wochenende soll in jenem Hotel stattfinden, in wessen Zimmer 622 schließlich ein Mord verübt wird und in welchem sich Joël Dicker Jahre später einmietet.

Rezension

Typisch für Joël Dicker, wird das Buch aus verschiedenen Perspektiven und mit verschiedenen Zeitsprüngen erzählt. Meisterhaft wie eh und je führt er schließlich alle Geschichten zusammen, sodass dem Leser mit einem Mal ein wunderbar zusammengesetztes Puzzle vorliegt.

Die Spannung startet gemütlich, sodass sich der Leser erst einmal in die Umgebung einfinden kann, wird aber schnell angezogen, sodass ich das Buch schon bald nicht mehr aus der Hand legen konnte. Es macht einfach Spaß, Joël Dickers Bücher zu lesen, man fühlt sich selbst wie ein Detektiv und spekuliert während der gesamten Handlung über mögliche Ausgänge und Verwicklungen. Auch wenn einige Hintergründe mit der Zeit immer klarer werden, war ich von einigen letzten wichtigen Puzzleteilen sehr überrascht und habe es sehr genossen, zurückzublättern, um festzustellen, wie geschickt Dicker seine Leser aufs Glatteis zu führen versteht.

Dass der Roman seinem verstorbenen Verleger gewidmet ist und dieser im Roman auch mit einigen Anekdoten vorkommt, fand ich sehr rührend und hätte auch gerne noch ein wenig mehr über die Beziehung zwischen Joël Dicker und Bernard de Fallois erfahren. Ich hätte mir in Bernard de Fallois vielleicht sogar eine etwas präsentere Figur im Roman gewünscht, weil er mir durch die Erzählungen Dickers sofort sympathisch wurde.

Auch hat mir sehr gefallen, wie Joël Dicker einen Roman in einen Roman führt und dem Leser zeigt, wie leicht man als Schriftsteller in die eigene Handlung eintauchen kann und den Rest der Welt und alles um sich herum vergisst.

Es handelt sich hier um einen Roman, der kein klassisches Genre bedient, sondern jedem gefallen kann, der es spannend, rätselhaft, atmosphärisch und romantisch mag. Dicker lässt Bilder vor den Augen seiner Leser entstehen, die man so schnell nicht mehr vergisst und das macht den Genuss des Lesens seiner Bücher aus.